AVAT im Energate Magazin: Interview über aktuelle Herausforderungen der Energieversorgung und -optimierung

Das AVAT-Interview im aktuellen Energate Magazin

Fotos (c): e|m|w - Das Energate Magazin

In der aktuellen Ausgabe der e|m|w , dem Energate-Magazin, gehen Martin Ameling, AVAT, und Mareike Teuffer, e|m|w, der Frage nach, wie stark sich die Energie- und Wärmewende die Branche derzeit verändern, welche Herausforderungen die Branche gerade bei der sektorübergreifenden Optimierung bewegen und welche Lösungen unser Unternehmen dafür anbieten kann.

Im Folgenden das komplette Interview im Wortlaut zum Nachlesen. Für weitere Infos zur aktuellen Ausgabe der e|m|w klicken Sie bitte hier.

e|m|w:Avat bezeichnet sich selbst als Energy Engineering Company. Was bedeutet das und wer sind Ihre Kunden?

Ameling: Mit dem Engineering von digitalen Lösungen für die Energiebranche weltweit sind wir groß geworden. Überall dort, wo es gilt, die Energieerzeugung und Energieverteilung zu regeln, zu steuern und zu optimieren, also Flexibilitäten zu nutzen, kommen unsere Lösungen zum Einsatz. Wir begleiten mit unserer technischen Expertise bereits ab der Konzeptions- und Planungsphase bis zur technischen Einbindung beim Kunden. In Deutschland zählen zu unseren Kunden vor allem Energieversorger und die Industrie.

e|m|w: Welches Projekt haben Sie zuletzt zum Beispiel mit einem Versorger umgesetzt?

Ameling: Wir begleiten aktuell vor allem in Süddeutschland rund 40 Energieversorger bei der Transformation ihrer Wärmeversorgung und damit auf ihrem Weg zur Klimaneutralität. Dort ist das Thema Kommunale Wärmeplanung einfach schon deutlich fortgeschrittener als im Rest Deutschlands. Wir unterstützen aber auch Baukonzerne, das Gewerbe und die Industrie, die mit unseren Lösungen deutschlandweit ihre Strom- und Wärmeversorgung dekarbonisieren und wirtschaftlich optimieren.

e|m|w: Das Thema Eigenerzeugung hat an Wichtigkeit für Industrie und Gewerbekunden, aber auch für Energieversorger, spürbar zugenommen. Merken Sie das an der Nachfrage oder dem Beratungsbedarf?

Ameling: Wir sehen uns tatsächlich mit einer steigendenden Anzahl von Anfragen konfrontiert. Unsicherheiten im Markt in Bezug auf Energiepreise, zahlreiche neue Regelwerke und eine unsichere Förderungslandschaft hemmen Industrie- und Gewerbekunden bei Investitionen und haben den Beratungsbedarf deutlich steigen lassen. Eine häufige Frage dabei ist: „Erfüllt die Lösung, die heute implementiert wird, auch morgen noch die Anforderungen?“ Um hier passende, zukunftsfähige Antworten zu finden, ist eine breite Expertise gefragt und eine fachliche Begleitung ab der Planung.

e|m|w: Welche Rolle spielen dabei die Transformationsbestrebungen der Industrieunternehmen in Richtung grüne Erzeugung?

Ameling: Das Lösungsspektrum, über das jetzt intensiv nachgedacht wird, hat sich einfach deutlich erweitert. Wir sprechen jetzt nicht nur mit Energieversorgen, sondern eben auch mit vielen Industriekunden intensiv über die Nutzung von Abwärme, die Erzeugung eigener grüner Energie in Form von Strom und Wärme, die Nutzung von Flexibilitäten über Energiespeicher oder die Befähigung zum eigenen Bilanzkreis.

e|m|w: Ist das ein branchenübergreifender Trend, dass auch Industrieunternehmen eine eigenständige Bewirtschaftung des Erzeugungsportfolios anstreben? Für welche Unternehmen ist aus Ihrer Sicht eine „Inhouse“-Bewirtschaftung des eigenen Erzeugungsportfolios sinnvoll?

Ameling: Definitiv. Transformationsbestrebungen, volatile Strompreise am Spotmarkt und hohe Netzentgelte befördern diesen Trend. Die eigene Bewirtschaftung ist immer dann sinnvoll, wenn zusätzlich zum Ausbau der grünen Erzeugung auch Flexibilitäten in der Erzeugung oder im Verbrauch vorhanden sind. So können die Kosten für Beschaffung, die Erlöse für Einspeisung maximal optimiert werden. Auch das Risiko für Fahrplanabweichungen oder Ausgleichenergiekosten kann der Kunden damit ohne Weiteres selber tragen, denn potenzielle Abweichungen werden über unsere Partner untertägig am Spotmarkt gehandelt und somit ausgeglichen.

e|m|w: Welches Potenzial hat industrielle Abwärme zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung aus Ihrer Sicht?

Ameling: Industrielle Abwärme wird eine entscheidende Rolle bei der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung spielen. Es wäre doch unwirtschaftlich, dieses Potenzial nicht zu heben. Dafür braucht es allerdings auch die passende Infrastruktur. Industrielle Abwärme über Inselnetze zu nutzen, wird uns allerdings in den meisten Fällen nicht weiterbringen. Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit werden wir in diesen Fällen nur über Wärmeverbundnetze erreichen, in denen die Energieerzeugung an verschiedenen Standorten im Netz gemeinsam geregelt und optimiert wird.

e|m|w: Welchen Vorteil haben Wärmeverbundnetze?

Ameling: Wir werden bei der Integration industrieller Abwärme und erneuerbarer Erzeuger schlicht mehr Systemflexibilität benötigen und das erreichen wir über Verbundnetze. In der Regel ist die industrielle Abwärme ja nicht exakt dort verfügbar, wo sie auch gebraucht wird. Auch der Zubau erneuerbarer Erzeuger findet ja dort statt, wo die Energie zur Verfügung steht und das ist eben nicht immer dort, wo die Energie dann nachher gebraucht wird. Zudem wäre es unwirtschaftlich, die vorhandene Energiezentrale stillzulegen. Damit haben wir schon mindestens zwei Energiezentralen, die einspeisen und damit ein Wärmeverbundnetz. Wir haben aber noch mehr: Flexibilität und Redundanz. Fällt die eine Energiezentrale aus, muss ein Erzeuger gewartet werden, fehlt die Sonne für die Solarthermie oder ist der Strom für die Wärmepumpen gigantisch teuer … – für all diese Fälle gibt es nun noch ein Back-up. Zudem haben Sie auf einmal die Möglichkeit, ihre Wärmeversorgung zu optimieren: Es speist also immer nur der aktuell wirtschaftlichste Erzeuger mit den niedrigsten Wärmegestehungskosten die benötigte Wärme ins Netz ein.

e|m|w: Was ist aus Ingenieurssicht bei der Planung solch komplexer Wärmenetze wichtig?

Ameling: Bereits in der Konzeptions- und Planungsphase müssen die richtigen Erzeuger und Flexibilitäten im Betrieb eingeplant werden. Dazu gehören eine unabhängige Auslegung und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sowie die Auswahl und Bereitstellung einer intelligenten und modularen Steuerungs- und Regelungstechnik. Wir wollen mit unserem Portfolio aber nicht nur eine Brücke zwischen Planung und Technik schlagen,
sondern auch zwischen Technik und Vermarktung: Mit unseren Lösungen ermöglichen wir zusätzlich die Betriebsoptimierung für Eigenstromnutzung, das Ausgleichsenergiemanagement
inklusive des Handels der jeweiligen Stromflexibilitäten am Intraday-, Day-Ahead- und Terminmarkt.

e|m|w: Ist diese Kopplung ein neues Themenfeld für Avat?

Ameling: Für die Energiebranche ist es tatsächlich neu, dass Strom und Wärme bereits in der Projektentstehung zusammengedacht und Flexibilitäten berücksichtigt werden müssen. Wir sehen diesen Trend schon länger und haben bereits mehr als 50 Projekte dieser Art umgesetzt.

e|m|w: Die Komplexität der Wärmenetze wird in Zukunft tendenziell steigen. Wird eine effiziente Steuerung ohne digitale Tools überhaupt noch möglich sein?

Ameling: Definitiv nein. Die Integration von Strom- und Wärmespeichern sowie volatiler erneuerbarer Erzeuger, den Zubau von Großwärmepumpen oder den Zusammenschluss von Wärmenetzen zu Wärmeverbundnetzen – um all das weiterhin versorgungssicher und wirtschaftlich zu orchestrieren, brauchen wir die Unterstützung digitaler Systeme. Konkreter: Durch den Aufbau und der anschließenden Simulation eines digitalen Abbildes des Wärmenetzes lassen sich bereits heute in der Planungsphase vorausschauend bis zu 17 Prozent der zukünftigen Investitionskosten sparen. Spätestens, wenn wir diese Simulationsergebnisse nutzen wollen, braucht es digitale Automatisierungslösungen, die es ermöglichen, Wärmenetze ganzheitlich zu regeln und zu optimieren. Also dann auch den Strom- und Wärmebedarf in Abhängigkeit zu Wetter- und Strompreisprognosen sowie allen gegebenen Rahmenbedingungen mit fortschrittlichen Algorithmen vorherzusagen, um so die geschaffenen Flexibilitäten im Handel effektiv zu nutzen.

e|m|w: Ist Ihrer Erfahrung nach bei den Wärmeversorgungsunternehmen das digitale Know-how dafür vorhanden?

Ameling: Ich habe großen Respekt davor, was in den Wärmeversorgungsunternehmen gerade geleistet wird und geleistet werden muss. Und ja, dazu gehört auch das digitale Know-how, das vielerorts erst noch aufgebaut werden muss. Wichtig bleibt hier ein differenziertes Abwägen: Wie müssen die digitalen Lösungen im Projektverlauf und im späteren Betrieb der Energiezentralen verzahnt werden? Welches Wissen sollten wir dafür in Zukunft im Haus haben? Und welches Wissen können wir zukaufen? Denn nur eine digitale Lösung einzuführen, führt selten zum gewünschten Erfolg.

e|m|w: Erhalten mittelständische Unternehmen ausreichend Unterstützung bei ihren Transformationsbestrebungen, etwa aus der Politik?

Ameling: Die Abhängigkeit von Energieversorgern und Netzbetreibern, die mangelnde Fachkenntnis zu sinnvollen Marktmechanismen und unklare Förderstrategien – das alles bremst den Mittelstand aus. Für die Zukunft braucht es deswegen eine klare politische Strategie samt einer konsequenten Umsetzung. Kurz: Es braucht Investitionssicherheit durch verlässliche Förderungen. Nur so kann der Mittelstand die Energie- und Wärmewende wirtschaftlich umsetzen.

e|m|w: Was sind denn aus Sicht von Avat die wichtigsten Themen für die Zukunft, wo will das Unternehmen wachsen?

Ameling: Energieversorger und Industriekunden mit zukunftsfähigen und wirtschaftlichen Lösungen bei der Transformation der Wärmeversorgung umfassend zu unterstützen, wird weiterhin unser Fokus bleiben. Wir wollen die Energie- und Wärmewende aktiv mitgestalten. Doch CO?-Neutralität muss finanzierbar sein, der Wärmepreis muss vom Kunden akzeptiert werden. Umweltaspekte, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit müssen daher gemeinsam betrachtet werden und Energiekonzepte von der Planung und Projektierung bis in den Betrieb und Handel als Einheit gedacht werden. Hier steht die Branche noch am Anfang, hier gibt es ausreichend Potenzial, um gemeinsam zu wachsen.

e|m|w: Herr Ameling, vielen Dank für das Gespräch.

 

NOCH MEHR FACH- UND ENERGIEWISSEN

>>> zu aktuellen Energiethemen finden Sie in der aktuellen Ausgabe des e|m|w MAGAZIN.

>>> zur sektorübergreifenden Optimierung von Strom + Wärme haben wir auf dieser THEMENSEITE für Sie zusammengestellt.

>>> wie sich Strom + Wärme automatisiert optimieren lassen, erklärt in 2 Minuten  dieses neue VIDEO.

>>> gibts in unserer nächsten AVAT TECHsession. Diesmal mit dabei: unser Partner Unigy. Am Freitag, 14.3.2025, ab 11 Uhr, widmen wir uns dem Thema "Flexibilitäten automatisiert handeln". Hier direkt und kostenlos zum WEBINAR anmelden.